EU-Hinterzimmer-Mauscheleien im Fokus italienischer Kritik

EU-Hinterzimmer-Mauscheleien im Fokus italienischer Kritik

von Rainer Rupp

erschienen am 28. Juni 2024 auf apolut

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni kritisierte Hinterzimmer-Mauscheleien über Spitzenposten in der EU und sagte, es sei „surreal“, dass die Meinungen der europäischen Wähler nicht berücksichtigt würden.

Es gibt diejenigen, die argumentieren, dass die Bürger nicht klug genug sind, um bestimmte Entscheidungen zu treffen und dass die Oligarchie die einzige akzeptable Form der Demokratie ist, aber ich stimme dem nicht zu“,

sagte Meloni, als sie am Mittwoch dieser Woche im italienischen Parlament sprach.

Anlass für diese scharfe Ansprache war, dass einen Tag zuvor, sechs EU-Top-Politiker von Zentrumsparteien bekannt gegeben hatten, dass Deutschlands Ursula von der Leyen, Portugals António Costa und Estlands Kaja Kallas die höchsten Positionen bei der Europäischen Kommission, dem Europäischen Rat und dem Auswärtigen Dienst der EU erhalten sollten. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni kritisierte diese Art von Mauscheleien über Spitzenposten in der EU und sagte, es sei „surreal“, dass die Meinungen der europäischen Wähler nicht berücksichtigt würden.

Die Tatsache, dass Meloni im italienischen Parlament die EU-Wahlen als einen Betrug entlarvt hat, ist eine politische Sensation. Man hätte erwarten können, dass dieses Ereignis bereits am Mittwochabend mit „Balkenüberschriften“ seinen Weg in unsere großen Medien gefunden hätte. Stattdessen wurde sie von unseren deutschen Qualitätsmedien mit großer Sorgfalt entweder ignoriert oder kurzweg umgedeutet, wie das ein Kommentator im Deutschlandfunk tat. Der behauptete rundweg, Melonis Motiv sei ihre Verärgerung darüber, dass ihre Partei keine Spitzenposition in der EU bekommen habe.

Verärgerung könnte in der Tat eine Rolle für Melonis Rede im Parlament gespielt haben, aber das wäre zu kurz gegriffen. Denn dafür enthielt ihre Aussage viel zu viel Fundamentalkritik an der EU. Zudem ist diese Kritik auch fester Bestandteil der Politik von Melonis Partei aber auch der AfD. Das wird im Deutschlandfunk verschwiegen.

Meloni nutzte die Gelegenheit, die italienischen Bürger am praktischen Beispiel der so genannten EU-Wahlen über das wahre Wesen der als Demokratie verkleideten EU-Diktatur demokratisch nicht gewählter Machtpolitiker aufzuklären. Regierungsnahe Medien in Deutschland dagegen werden den Teufel tun, Melonis Kritik an der EU-Scheinwahl zu thematisieren. Sonst könnten womöglich auch in Deutschland Bürger anfangen, den gigantischen Betrug zu durchschauen, der einem bösartigen Tumor gleich all ihre Lebensbereiche durchdrungen hat.

Bitte erlauben sie mir, in einem kurzen Exkurs Ursache und Wirkung dieses Tumors darzustellen, wozu ich ein Bild aus der Medizin verwenden möchte: Dem für jede funktionierende Gesellschaft tödlichen, neo-liberalen Tumor ist es gelungen, in der Tarnung von neuen, modernen aber letztlich asozialen Moralvorstellungen in die westlichen Gesellschaftskörper einzudringen. Mit Hilfe von extrem individualistischen Booster-Injektionen, gesponsort vom großen Kapital und abgesegnet von ihren politischen Gesundbetern in den westlichen Regierungen, konnte sich der neo-liberale Tumor unaufhaltsam in der Gesellschaft verbreiten. Dort beherrscht er inzwischen alle Lebensbereiche totalitär, von der Wirtschaft über Politik und Bildung und Gesundheit bis hin zur Kultur. Alles wird „ökonomisiert“, alles, ob Produkt, oder Mensch hat einen Preis und nichts mehr einen Wert.

In dieser neuen, neo-liberal, jeder-für-sich-selbst umgebauten Gesellschaft, z.B. im besten Deutschland, das es je gab, haben die Menschen zunehmend Schwierigkeiten, sich ideell und auch materiell zurechtzufinden. Aber die eigentlichen Gründe für diesen Zustand können sie nicht identifizieren. Ideell suchen viele die Ursachen dafür bei sich selbst, weil sie ständig hören, wie gut es unserem Land geht und dass – wie Kanzler Scholz uns gerne glauben macht – ein „neues Wirtschaftswunder“ bereits um die Ecke auf uns wartet.

Zugleich haben dieselben Menschen zunehmend Probleme mit ihrem materiellen Auskommen. Die Inflation frisst immer stärker am real-verfügbarem Einkommen, aber außer mehr zu arbeiten, allerdings für weniger Reallohn, falls überhaupt Arbeit da ist, haben die Menschen keine Option. Auch die Lösungen ihrer materiellen Probleme entziehen sich ihrem Einfluss, denn – wie man ihnen erzählt – sind die bösen Russen an der Inflation schuld, und weil niemand will, dass seine Kinder schon bald von der Sonne sprichwörtlich gegrillt werden, wie sie aus dem Mund des unsäglichen UNO-Generalsekretärs gehört haben, gehen sie aus Protest nicht auf die Straße, wenn sie vom eigenen Staat unter Vorwänden von CO2 Reduktion und angeblichem „Klimaschutz“ finanziell stark geschröpft werden.

Und wenn inzwischen in Deutschland für immer mehr wichtige öffentliche Aufgaben, wie in den Bereichen Soziales, oder bei Bildung und Gesundheit an immer mehr Ecken das Geld fehlt, aber Hunderte von Milliarden Euro für die korrupte Ukraine und für Waffenkäufe in den USA zur angeblichen „Verteidigung unserer Freiheit“ ausgegeben werden, gibt es bei den Massen auch keinen Aufschrei. Das alles sind starke Anzeichen dafür, wie totalitär die Kontrolle der Gesellschaft bereits fortgeschritten ist.

Nach diesem Exkurs zurück nach Italien zu Frau Meloni. Mit ihrer Intervention im italienischen Parlament hat sie wie kein anderer Politiker den EU-Wahlbetrug entlarvt. Damit hat sie zwar den neo-liberalen Tumor, von dem auch sie selbst und die italienische Gesellschaft befallen ist, nicht nachhaltig geschwächt, sie hat aber zumindest auf dessen Existenz und sein fortgeschrittenes Entwicklungsstadium in der EU hingewiesen.

Denn, was ist es sonst, wenn weit über hundert Millionen Menschen bei der Europawahl ihre Stimmen abgegeben haben und am Ende wird von 6 Top-Politiker in Hinterzimmer-Deals das neue Spitzenpersonal der mächtigen EU-Institutionen (Kommission und Rat) ausgemauschelt. Und das Sahnehäubchen obendrauf ist, dass diese 6 Top-Politiker ausgerechnet aus den Parteienblocks, die am meisten Stimmen verloren haben, nämlich der Christ-Demokratischen EVP, der EU-Sozialisten, die für links blinken und rechts abbiegen bekannt sind, und der Neo-Liberalen. Wenn die Europawahl keine Scheinwahl ist, was dann?

Meloni bezeichnete die EU auch als eineninvasiven bürokratischen Riesen(1). Denn es sei “surreal”, dass die Meinung der europäischen Wähler nicht berücksichtigt worden ist. Die gleichen Namen für die EU-Top Jobs hätten bereits vor den Europawahlen festgestanden. Und nun würden in Brüssel dieselben Namen wieder präsentiert,

ohne auch nur so zu tun, als ob man die Signale der Wähler diskutieren würde”,

so Meloni wörtlich, die damit auch die Ergebnisse der jüngsten Wahlen ansprach, aus denen hervorging, dass immer mehr Menschen der EU-Geschäftsführung in Brüssel unzufrieden bis ablehnend gegenüberstehen.

So hat auch der von der Leyen-Block der Europäischen Volksparteien (EVP) Stimmen verloren, ist aber dennoch die Partei mit den meisten Stimmen geblieben. In diesem Zusammenhang wies Meloni darauf hin, dass ihr Parteien-Block jetzt zur drittstärksten Fraktion im 720 Sitze zählenden Europäischen Parlament geworden ist, und damit die Liberalen, die mit der EVP zusammenarbeiten, überholt hat. Diese Verschiebung des Wählerwillens müsste sich doch auch in der europäischen Entscheidungsfindung und der Besetzung der Toppositionen widerspiegeln. Aber laut Meloni versuchten die führenden Politiker der EU, die unangenehmen Ergebnisse dieser Wahl „unter den Teppich zu kehren”, anstatt anzuerkennen, dass eine Veränderung nötig ist.

Aber vielleicht sollte jemand Frau Meloni aufklären, dass es sich bei dem Konzept der “Westlichen Demokratie“ nur um ein Marketing-Produkt für den Export handelt, denn das Produkt ist ein trojanisches Pferd und erleichtert die Ausplünderung der Opfer im globalen Süden durch den Westen ungemein.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die öffentliche Kritik der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni an den verdeckten Verhandlungen und geheimen Absprachen in der EU, nicht nur gerechtfertigt, sondern auch längst überfällig ist. Meloni unterstreicht den Mangel an Transparenz und an demokratischen Prozessen bei solch wichtigen Entscheidungen, die ihrer Meinung nach die Integrität der ganzen EU untergraben.

Melonis Forderung nach Transparenz deckt sich mit einer wachsenden Stimmung unter den EU-Mitgliedstaaten und ihren Bürgern, die mehr Rechenschaftspflicht von ihrer Führung fordern. Die Praxis, Entscheidungen hinter verschlossenen Türen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu treffen, rechtfertigt die wachsenden Zweifel an der Fairness und Legitimität nicht nur von EU-Personalentscheidungen, sondern auch von EU-Beschlüssen als Ganzem. Melonis Haltung ist daher eine direkte Herausforderung an die eingefahrenen politischen Manöver, die die Politik der EU seit langem kennzeichnen.

Mit ihrer Verurteilung dieser geheimen Machenschaften unterstreicht Meloni ein grundlegendes Problem: die Aushöhlung der noch vorhandenen demokratischen Rest-Werte innerhalb der EU. Diese Praxis entfremdet nicht nur die Bürger, sondern fördert das Misstrauen gegenüber den EU-Institutionen an sich. Melonis Haltung, wenn sie dabei bleibt, könnte erhebliche Auswirkungen auf die Zukunft der EU haben. Schließlich ist Italien die drittgrößte Wirtschaftsmacht in der EU. Unterstützung könnte bald von einer neuen Regierung in der zweitgrößten Wirtschaftsmacht der EU kommen.

Wenn jedoch Melonis Forderung nach mehr Transparenz und Demokratie Gehör in der EU findet, könnte dies zu erheblichen Veränderungen und Verbesserungen in der Arbeitsweise führen. Allerdings sind die politischen Strukturen innerhalb der EU-Institutionen, ebenso wie in den meisten EU-Ländern, infolge ihres Status als Befehlsempfänger aus Washington dermaßen verkrustet, dass die Europäische Politische Union in der kommenden, großen Krise kaum eine Überlebenschance haben wird.

Quellen und Anmerkungen

(1) https://www.politico.eu/article/giorgia-meloni-europe-top-jobs-backroom-deal-italy-ursula-von-der-leyen-antonio-costa-kaja-kallas/