Montenegros NATO-Mitgliedschaft im US-Senat blockiert

Montenegros NATO-Mitgliedschaft im US-Senat blockiert

erschienen am 21.März 2017 via KenFM


Das hat es noch nicht gegeben, dass die bereits ausgehandelte NATO-Mitgliedschaft irgendeines Landes im US-Senat verhindert worden wäre. US-Senator Rand Paul hat diese Tat vollbracht und die Aufnahme Montenegros blockiert. Dafür wurde er von seinem Senats-Kollegen McCain im Kongress als Verräter beschimpft. Paul wehrt sich mit bemerkenswertem Interview.

Von Rainer Rupp.

Die medienwirksamen Ereignisse der letzten Tage, vor allem das weniger als herzliche Willkommen von Frau Merkel in Washington, der rhetorische und diplomatische Krieg zwischen den Staatschefs der Türkei und der Niederlande, die Absage der Trump-Administration an den neoliberalen Freihandel beim G20 Treffen der Finanzminister in Baden Baden und nicht zuletzt der Triumphzug des Heiligen St. Martin von der SPD haben alle anderen Nachrichten verdrängt. So ist eine bedeutende, für die NATO & Kriegstreiber GoH (Gesellschaft ohne Haftung) höchst unangenehme Begebenheit im US-Senat in den Redaktionsstuben der Mainstream-Medien unter den Tisch gefallen. Dies soll hier nachgeholt werden.

Am Donnerstag letzter Woche hat der republikanische US-Senator Rand Paul etwas unglaublich Vernünftiges getan, indem er im US-Senat den Beitritt Montenegros zur NATO blockierte. Sein republikanischer „Parteifreund“ Senator John – Bomben auf Iran – McCain hatte gerade um einstimmige Zustimmung zu der von ihm eingebrachten Resolution für die Aufnahme des ex-jugoslawischen Ministaates an der Adriaküste in die NATO aufgefordert. Da erhob sich Senator Paul, legte seinen Widerspruch ein und verließ ohne weiteres Wort den Saal. Für einen Moment total perplex explodierte dann McCain und in den heiligen Hallen des US-Kongresses beschimpfte Senator Paul mit der schlimmsten Unterstellung und Beleidigung, die es derzeit in der politischen Kaste der USA gibt: „Rand Paul arbeitet für Wladimir Putin“, brach es aus ihm heraus. Siehe Video dazu hier.

Diese Episode zeigt, dass die anti-russische Hysterie der Eiskalten Krieger im US-Kongress kaum noch gesteigert werden kann. McCain beschuldigt einen Senator-Kollegen aus der eigenen Partei des Landesverrats und der Arbeit für eine fremde Macht, nur weil der mit seinen politischen Vorstellungen nicht einverstanden ist. Und dafür bekam McCain im Senat auch noch Beifall. „Die Russen, die Russen“ zu schreien scheint neuerdings der letzte Strohhalm für verbohrte Politiker zu sein, wenn sie anders kein Argument mehr gewinnen können.

Wie in dem weltbekannten russischen Märchen, „Peter und der Wolf“, scheint aber McCain jetzt einmal zu oft „Die Russen“ geschrien zu haben. Rand Paul, der als praktizierender Augenchirurg in seiner Freizeit immer noch kostenlos Bedürftige operiert, hatte nämlich tags darauf zur besten Sendezeit im populären MSNBC-Programm „Morning Joe“ in einem bemerkenswerten Interview seinen Widerspruch gegen den NATO-Beitritt begründet. Wie die Reaktionen gezeigt haben, hat er für seine Sicht in der Bevölkerung viel Zustimmung bekommen. Bevor jedoch auf die wichtigsten Passagen dieses Interviews eingegangen wird, noch einige Informationen zu Montenegro, zum Gegenstand des Streites:

Anfang Dezember 2015 hatte die NATO den ex-jugoslawischen Ministaat Montenegro formell zum Beitritt in die NATO eingeladen. Jens Stoltenberg, der Generalsekretär der westlichen Aggressionsallianz sprach dabei von einem guten Tag für alle Beteiligten und einem „wichtigen Schritt in der euro-atlantischen Integration der gesamten Westbalkan-Region.“ Die endgültige Aufnahme des Landes sollte im Frühjahr 2017 stattfinden, da die Parlamente aller Mitgliedstaaten den Beitritt zunächst noch ratifizieren mussten. In den USA ist es der Senat, der Verträgen mit anderen Staaten oder internationalen Organisationen zustimmen muss.

Das korrupte Parlament des Zwergstaats hat dem NATO-Beitritt zugestimmt, gegen den Willen der großen Mehrheit der Bevölkerung, die gute Beziehungen zu Russland vorzieht. Das kleine Balkanland hat eine Bevölkerung von etwa 645.000 und eine „Armee“ von etwa 2.000 Soldaten. Um sich der NATO anzudienen hat Montenegro von 2010 bis 2014 ein Kontingent von 45 Soldaten zur ISAF-Mission und zur Operation Resolute Support nach Afghanistan geschickt. Rein militärisch bringt die montenegrinische Armee der NATO keinen Nutzen. Letztere ist hauptsächlich an Montenegros Seehafen Bar mit seiner Eisenbahnverbindung zur Hauptstadt Podgorica und weiter nach Belgrad interessiert. Zugleich will die NATO die potentielle Nutzung von Bar durch russische Schiffe für alle Zukunft verhindern.

Nun zu Rand Pauls Interview mit Mr. Geist von MSNBC. Mit seiner ersten Frage wolle der Interviewer Geist wissen, wie Paul „die Angriffe McCains charakterisieren“ würde. Paul meinte dazu, dass McCain mit seinem ausfälligen Benehmen ein gutes Argument dafür geliefert habe, dass die zeitliche Mitgliedschaft im Senat begrenzt sein sollte. „Offensichtlich hat er seine besten Jahre hinter sich. Ich denke, er ist ein bisschen  verwirrt“, so Rand Paul um dann in das eigentliche Problem einzusteigen:

Wenn wir über die NATO sprechen, dann kann man rational über die Vor- und Nachteile einer Erweiterung diskutieren. Wir haben derzeit Truppen, Kampftruppen, in etwa sechs Nationen. Und wir haben wahrscheinlich in ein paar Dutzend weiteren Länder Truppen stationiert. Wir haben (Staats)Schulden von 20 Milliarden Dollar. Und wenn es nach McCain ginge, dann hätten wir Truppen in fast jedem Land rund um den Globus. McCains Außenpolitik stellt daher eine Gefahr für die Vereinigten Staaten dar, sie würde uns stark überdehnen. Und außerdem müssen wir uns überlegen, ob es in unserem nationalen Interesse ist, in einen Krieg verwickelt zu werden, wenn Montenegro eine Auseinandersetzung mit irgendeinem anderen Land hat“. Weiter führt Paul aus:

Es gibt noch ein weiteres Argument, dass nämlich nur etwa 40 Prozent der Leute von Montenegro oder sogar etwas weniger für den Beitritt zu NATO sind. Sie fühlen sich Russland nahe (…). Vielleicht wäre es gut für sie, wie die Schweiz zu sein, mehr neutral zu sein und mit beiden Handel zu treiben. Also, es gibt noch viele Überlegungen dieser Art, aber jemanden als Feind des Staates zu bezeichnen, oder gar als Verräter, nur weil man solche Überlegungen anstellt, das dürfte von den meisten vernünftigen Menschen als übertrieben betrachtet werden“, meinte Paul.

GEIST: „Aber Senator, Sie haben John McCain eben als verwirrt bezeichnet, als jemand, dessen beste Zeiten vorbei sind. Warum glauben Sie dann, dass so viele andere Senatoren für seine Resolution gestimmt haben, wenn er so verrückt ist?“

PAUL: „Ich denke, dass es einen überparteilichen Konsens im Senat gibt, der falsch ist, dass wir nämlich die ganze Welt in der NATO haben sollten. Zum Beispiel, wenn wir die Ukraine und Georgien in der NATO hätten – und das ist etwas, das McCain und die anderen Neo-Konservativen gefordert haben – dann wären wir jetzt im Krieg, weil Russland in beiden Länder einmarschiert ist.

Ich denke, dass es sehr provokativ ist, ehemalige Satelliten oder ehemalige Teile der Sowjetunion in der NATO zu haben. Und man muss im Voraus entscheiden, ob man bereit ist, in den Krieg zu ziehen. Wenn ihr bereit seid, eine Million Truppen in die Ukraine zu schicken und den Dritten Weltkrieg zu kämpfen, werdet Ihr das ohne meine Unterstützung tun, weil ich denke, das ist eine wirklich dumme Vorstellung.“

GEIST: „Senator, denken Sie, dass man Länder wie Albanien und Kroatien nicht in die NATO hätte aufnehmen sollen?“

PAUL: „Ich denke, wir sollten eine echte Debatte darüber führen, wie groß die NATO sein sollte und ob es eher provokant als gut ist. Und dann ist noch der Punkt, den der Präsident (Trump) während seiner Wahlkampagne in die Debatte gebracht hat, dass es so scheint, dass wir (USA) für all das bezahlen. Immer wenn ein Krieg gekämpft wird, kämpfen unsere Soldaten und unsere Dollars bezahlen dafür. Und so sind die 45 Soldaten, die Montenegro hat, kaum eine Bereicherung für unsere nationale Sicherheit. Und wirklich, bei unseren Entscheidungen muss es um unsere nationale Sicherheit gehen. Und ich denke einfach nicht, dass unsere nationale Sicherheit erhöht wird, wenn Montenegro Teil der NATO wird.“