Rohingya

Rohingya

erschienen am 19., 23. und 30. September 2017 via RT deutsch


Was ist los in Myanmars Krisenprovinz Rakhine? Es wäre nicht das erste Mal, dass ausländische Mächte ethnische Spannungen zwischen militant-nationalistischen Buddhisten und der islamischen Minderheit der Rohingya für eigene, geostrategische Ziele missbrauchen.

von Rainer Rupp

Die Scheinheiligkeit
westlicher Empörungsdramaturgie

Regierungen, Mainstream-Medien aller islamischen und westlichen Staaten und Al-Kaida sind sich wieder einmal völlig einig: Die buddhistische Regierung in Myanmar ist einzig und allein am aktuellen Konflikt mit den muslimischen Rohingya schuld. Sie werfen dem Militär der Zentralregierung vor, mit unverhältnismäßiger Härte gegen die muslimische Minderheit in der Provinz Rakhine vorzugehen. Die UNO und Menschenrechtsorganisationen berichten, dass bereits 350.000 bis 400.000 Menschen über die nahe Grenze von Rakhine in das dicht besiedelte Bangladesch geflohen sind, von wo zuvor viele Rohingya ursprünglich über die “grüne Grenze” eingewandert waren.

In Zusammenhang mit der aktuellen Krise im ehemaligen Burma – so nannten die britischen Kolonialherren das heutige Myanmar – hat der UNO-Generalsekretär Antonia Guterres sogar den Vorwurf der “ethnischen Säuberung” erhoben. Westliche und islamische Politiker und Medien haben weltweit zu Hilfsaktionen für die Rohingya aufgerufen, ebenso wie die internationale Terrororganisation Al-Kaida, die ihre Anhänger auffordert, ihren “muslimischen Brüdern in Myanmar” auf ihre Weise zu “helfen”.

Allerdings waren es gerade die international vernetzten Terroristen, darunter auch Al-Kaida und dieser nahe stehende Gruppierungen, die die aktuelle Krise in Myanmar überhaupt erst zum Brodeln gebracht haben. Gemeinsam mit lokalen Dschihadisten in Rakhine hatten sie bereits vor einem Jahr dort damit angefangen, zuerst buddhistische Dörfer zu überfallen, niederzubrennen und Einwohner zu massakrieren, um dann den zu Hilfe eilenden Soldaten eine Art Guerilla-Krieg zu liefern, also nach ihren Überfällen in islamischen Dorfgemeinschaften unterzutauchen.

Wo der Westen “Menschenrechte” anmahnt, ist die Fußangel nicht weit

Auch die Anti-Terror-Einheiten der Zentralregierung nehmen Berichten zufolge nur selten Rücksicht auf die muslimische Zivilbevölkerung in Rakhine. So soll es gängige Praxis sein, dass z. B. Häuser der Familienangehörigen mutmaßlicher islamistischer Terroristen vom Militär angezündet werden. Und da es sich in der Regel um Holzhütten handelt, können dabei auch leicht die Wohnungen der Nachbarn in Flammen aufgehen. Noch schlimmer wird es, wenn ein gewalttätiger buddhistischer Mob den Soldaten folgt und unter deren Schutz ganze Rohingya-Dörfer anzündet.

Diese barbarischen Zustände sind durch nichts zu entschuldigen. Wenn aber ausgerechnet westliche Politiker und Medien sich darüber aufregen, schwingt eine gewisse Doppelbödigkeit mit. Denn wenn beispielsweise israelische Soldaten nach einem palästinensischen Terroranschlag die Häuser von Verwandten der Verdächtigen mit Bulldozern plattmachen, regt sich hierzulande niemand darüber auf.

Daher ist zu bedenken: Wann immer sich der Westen besonders einmütig über tatsächliche oder angebliche Missachtungen der Menschenrechte aufregt, zugleich aber in gleichgelagerten Fällen in einem anderen Land ähnlich umstrittenes Vorgehen nicht einmal zu Kenntnis nehmen will, dann steckt in der Regel mehr als die vorgeschobene Sorge um die Menschenrechte hinter dem Protest. Ähnliches zeigt auch eine Gegenüberstellung der aktuellen Lage im Jemen und in Myanmar. Die Tragödie der Zivilbevölkerung im Jemen ist unvergleichlich größer und schrecklicher als das, was die Rohingya in Rakhine erleiden müssen.

Doppelmoral auch mit Blick auf die Nobelpreisträger

Millionen Frauen und Kinder sind im Jemen ständigen Bombardierungen ausgesetzt. In den Ruinen der Städte sind Tod, Hunger und Krankheit hunderttausender unschuldiger Menschen an der Tagesordnung. Nur hört und liest man bei uns darüber so gut wie nichts. Warum? Weil der Aggressor dort der superreiche Feudalstaat Saudi-Arabien ist. Und den hat Kanzlerin Merkel sogar zu unserem “strategischen Verbündeten” erklärt, damit die deutsche Rüstungsindustrie ihn weiterhin fleißig mit Waffen beliefern kann. Außerdem leistet auch unser großer Verbündeter USA den saudischen Interventionstruppen bei ihrem Vorgehen im Jemen Rundumhilfe, entsprechend muss das ja dann alles rechtens sein. Daher hört man von unseren Politikern und Medien auch keinen kritischen Mucks. Die tun gerade so, als würde Jemen gar nicht existieren.

Stattdessen richtet sich die westliche Empörung gegen Myanmars De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi, weil diese als Friedensnobelpreisträgerin das Militär und den buddhistischen Mob wegen der Vertreibung der Muslime nicht verurteilt. Aber auch beim Friedensnobelpreis misst der Westen mit zweierlei Maß. Preisträger Barack Obama hat in seiner Amtszeit in sechs Ländern Krieg geführt und diese weitgehend zerstört, mit Hunderttausenden von Toten und Millionen von Flüchtlingen. Aber Obama gilt in unserer von Frau Merkel so hoch gepriesenen “liberalen Weltordnung” geradezu als Heiliger.

Aung San Suu Kyi: Westen schluckt wieder einmal Fake-News

Frau Aung San Suu Kyi wirft ihrerseits ihren Kritikern vor, einem “riesigen Berg an Fehlinformationen” über Myanmar aufzusitzen. Dass man ihr nicht glauben kann, wird allein schon durch die Tatsache belegt, dass der “superböse” russische Staatschef Wladimir Putin die Regierung Myanmars wegen ihrer schrecklichen Untaten nicht einmal verurteilt hat. Allerdings haben Russland und China dafür gesorgt, dass die Resolution des UN-Sicherheitsrats zu Myanmar am 13. September einstimmig verabschiedet wurde. In dieser wird nämlich die Regierung aufgefordert, “sofortige Schritte” zur Beendigung der Gewalt gegen die Zivilbevölkerung zu unternehmen. Eine einseitige Schuldzuweisung in der Resolution an Myanmar haben Moskau und Peking jedoch verhindert.

Die differenzierte Reaktion der beiden nicht-westlichen Vetomächte China und Russland hat wahrscheinlich damit zu tun, dass sie sich von dem Berg an Fehlinformationen und der westlichen Propaganda nicht beeinflussen lassen. Denn die ethnische Minderheit der Rohingya ist im Laufe der Geschichte immer wieder mal von äußeren Mächten als separatistisches Instrument zur Schwächung der Zentralregierung in der Hauptstadt Rangun missbraucht worden. Auch in der aktuellen Krise scheint das der Fall zu sein.

Der ethnische Streit in und um die Provinz Rakhine spielte bereits im Zweiten Weltkrieg eine bedeutende Rolle, als die Briten im damaligen Burma gegen die Japaner kämpften. Im April 1942 zogen die japanischen Truppen in Rakhine ein und waren damit ganz nahe an der Grenze zum damals britischen Indien, heute Bangladesch, angekommen. Nachdem sich die Briten über die Grenze nach Indien zurückgezogen hatten, wurde Rakhine zur Frontlinie. Dort arbeiteten die lokalen, antibritischen, buddhistischen Nationalisten mit dem japanischen Militär zusammen, während die Briten die dort lebenden Muslime für Überfälle gegen die Japaner und ihre anti-britischen Helfer rekrutierten. Aus dieser Truppe der Nationalisten ging der Vater von Aung San Suu Kyi als großer Kriegsheld hervor, der sich in vielen Kämpfen gegen die Briten und ihre Rohingya-Helfer bewährt hatte. Die Anhänger von Aung San Suu Kyi würden es auch heute noch als Verrat empfinden, wenn sie die Rohingya in Schutz nehmen würde.

OBOR soll durch Rakhine verlaufen

Die eben geschilderte Episode aus dem Zweiten Weltkrieg und deren Nachwirkungen bis zum heutigen Tag beschreibt nicht das erste und auch nicht das letzte Mal, dass ausländische Mächte die Reibungen und Feindseligkeiten in der Bevölkerung der Provinz Rakhine für eigene Zwecke angeheizt haben. Auch aktuell deuten alle Zeichen wieder in dieselbe Richtung. Denn in Chinas gigantischer, grenzüberschreitender Wirtschaftsinitiative “One Belt, One Road“ (OBOR) spielt Myanmar und dort speziell die Provinz Rakhine eine strategisch wichtige Rolle. Und Washington, das zunehmend Anstrengungen unternimmt, China Einfluss in Asien und einzudämmen, beobachtet Chinas Aktivitäten in Myanmar seit Jahren mit wachsendem Unbehagen.

Es wäre auch nicht das erste Mal, dass die beiden eng verbündeten Mächte USA und Saudi-Arabien in einer gemeinsamen Anstrengung islamistische Fanatiker als Terrorwaffe eingesetzt hätten, um ihre geostrategischen Ziele zu erreichen. Man denke da nur an Bosnien, an Afghanistan, an Libyen oder Syrien.

US-Blockadeinstrument gegen
Chinas Einfluss in Myanmar

Es ist erklärte US-Strategie, Chinas Aufstieg und Einfluss in Asien einzudämmen. Eine Umsetzung gigantischer geplanter Wirtschaftsprojekte der Volksrepublik gemeinsam mit Myanmar wäre für beide Länder sehr vorteilhaft. Das aber läuft den US-Plänen entgegen. Seit knapp einem Jahr machen islamistische Terroristen mit Unterstützung aus dem Ausland Myanmars Schlüsselprovinz unsicher. Das untergräbt eine Verwirklichung dieser Wirtschaftspläne. Ein Schuft, wer Böses dabei denkt.

Der Krise in Myanmar findet hauptsächlich in der Provinz Rakhine statt, die sich entlang der Küste im Nordwesten des Landes unweit der Grenze zu Bangladesch erstreckt. Der ethnische und zugleich religiös verstärkte Konflikt zwischen einheimischen, durchaus gewaltbereiten Buddhisten und den zu einem guten Teil aus Bangladesch illegal eingewanderten Muslimen in Rakhine hat eine lange Vergangenheit. Aber erst im Laufe der vergangenen 12 Monate haben sich die Unruhen unter den islamischen Rohingya wieder zu einem regelrechten Guerillakrieg gewandelt, den vor allem kampferprobte, fanatisierte Islamisten anheizen. Diese mit Al-Kaida vernetzten Kämpfer kommen laut Berichten westlicher Nachrichtenagenturen wie Reuters mehrheitlich aus dem Ausland.

Der Vergleich mit Syrien ist dabei durchaus zulässig. Und wie in Syrien liegt auch hier der Verdacht nahe, dass das nötige Geld und die Waffen für den Dschihadistenkrieg in Myanmars Provinz Rakhine, wo die islamische Minderheit der Rohingya lebt, aus den üblichen dunklen Quellen in den arabischen Golfstaaten kommen. Wenn man aber wie schon die alten Römer die Frage „Cui bono?“ stellt, also wem nützt dieser neue Konflikt in Myanmar, dann liegt die Antwort zweifelsfrei auf der anderen Seite des Atlantiks.

Rakhine als Alternative zur Straße von Malakka

Vorerst noch weitgehend unsichtbar stecken die USA hinter diesem Konflikt, denn sie haben am meisten davon zu gewinnen. Der selbst erklärte „unverzichtbare Staat“ hat seit eh und je sehr starke, geostrategische Interessen in Südostasien und heute setzt er mehr denn je alles daran, den Aufstieg des als Rivalen gesehenen Chinas zu verhindern, in der Region und darüber hinaus. Diese Aufgabe aber wäre schwierig, wenn nicht gar unmöglich, wenn China mit seiner gigantischen Initiative „One Belt, One Road“ (OBOR) auch in Myanmar Erfolg hätte.

Zwei Pipelines und eine abenteuerliche Schnellstraße durch das Himalaya-Gebirge sollen den Westen Chinas mit dem Golf von Bengalen verbinden. Eine Pipeline soll von einem Terminal im neuen Überseehafen Öl aus dem Mittleren Osten und eine zweite soll Gas aus Förderstätten vor der Küste Myanmars in den Westen Chinas pumpen. Das würde Chinas Energiesicherheit enorm verbessern, denn dadurch würden die Verbindungswege von Westchina zum Mittleren Osten und nach Europa nicht nur sehr viel kürzer, sondern auf diese Weise würde auch der maritime Engpass der „Straße von Malakka“ umgangen.

Diese Straße von Malakka könnte im Krisenfall leicht von einer feindlichen Seemacht, z. B. den USA blockiert werden, wodurch China von Öl-Lieferungen aus dem Mittleren Osten abgeschnitten wäre. Dabei müssten die US-Amerikaner nicht einmal selbst als staatlicher Akteur in Erscheinung treten. Um die Straße von Malakka zu sperren, würde es genügen, dass „Piraten“ an einigen kritischen Stellen Schiffe versenken und damit die Passage großer Tanker unmöglich machen. Würden die Chinesen den Amerikanern so etwas zutrauen? Ganz sicher! Und das ist entsprechend auch der Grund für den Tiefseehafen in Myanmar mit Verladestationen für Öl aus Iran und den arabischen Golfstaaten, für die Pipelines und die Schnellstraße nach Westchina.

Bedeutender Knotenpunkt für die Infrastruktur

Aus geologischen Gründen sollen all diese gigantischen Infrastrukturprojekte ausgerechnet in Myanmars von ethnischer Gewalt geschüttelten Krisenprovinz Rakhine verwirklicht werden. Es geht um viele Milliarden Dollar teure, von China finanzierte Investitionsprojekte und einige davon sind bereits im Gange. Mithilfe dieser Projekte will Peking einen bedeutenden Knotenpunkt eines grenzübergreifenden Verkehrsnetzes aus Pipeline, Straßen und Tiefseehafen schaffen. Zugleich soll in Rakhine neben dem Hafen eine Wirtschaftszone entstehen, die sowohl als Produktionsstätte als auch als Warenumschlagplatz dienen soll.

Unbezweifelbar würde die Durchführung der chinesischen OBOR-Initiative den Menschen in Myanmar den lang ersehnten wirtschaftlichen Aufschwung bringen. Ebenso sicher würde diese Entwicklung Myanmar, den Staat und dessen Bevölkerung, auf viele Jahrzehnte ökonomisch, politisch und militärisch fest mit China verbinden. Ein Stützpunkt der chinesischen Kriegsmarine in Myanmar zur Sicherung der strategischen Anlagen und Seewege wäre da nur folgerichtig.

Vor diesem Hintergrund ist es schlüssig, dass es durchaus im Interesse der USA ist, Chinas OBOR-Projekte in Myanmar zu torpedieren. Dass ausgerechnet die Krisenprovinz Rakhine in Chinas Plänen eine Schlüsselrolle spielt, dürfte Washington dabei sehr gelegen kommen. Es kommt deshalb sicher nicht von ungefähr, dass seit einem Jahr importierte islamistische Terroristen gemeinsam mit lokalen Dschihadisten in Rakhine für bürgerkriegsähnliche Zustände sorgen.

Wie bereits im ersten Teil dieser Miniserie ausgeführt, wäre es nicht das erste Mal, dass in Rakhine ausländische Mächte zusammen mit lokalen Kräften einen Stellvertreterkrieg führen würden. Und es wäre auch nicht das erste Mal, dass die USA zusammen mit Saudi-Arabien islamistische Terroristen als Instrument zur Erreichung ihrer geostrategischen Ziele eingesetzt hätten. Mehr über die Kämpfe in Rakhine und die internationalen Vernetzungen der dortigen Terroristen gibt es im dritten Teil.

Freiheitskämpfer oder Terroristen?

Wer sind die muslimischen, bewaffneten Gruppen, die mit Überfällen auf Polizeistationen und Brandschatzung von buddhistischen Dörfern seit Oktober Myanmars Krisenprovinz Rakhine unsicher machen. Sind es idealistische Freiheitskämpfer, die für die angeblich entrechtete, muslimische Minderheit der Rohingya dort einen Kleinkrieg führen? Diese Darstellung findet man überwiegend in westlichen Medien, die in mitleidheischenden Artikeln über die Lage der muslimischen Minderheit der Rohingya den Rebellen ehrliche Motive zubilligt. 

Oder handelt es sich bei den angeblichen „Freiheitskämpfern“ um fanatisierte lokale Islamisten, die von ausländischen Dschihadisten ausgebildet und angeführt werden. Ihre Gegner behaupten, sie kämpften ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung, egal ob es sich um Frauen und Kinder aus der buddhistischen Mehrheit oder muslimische Minderheit handelt, obwohl sie Letztere vorgeben zu schützen. Ihr Ziel sei, in der Provinz Unsicherheit zu schaffen und sie für die Zentralregierung unregierbar zu machen, um langfristigen Rakhine von Myanmar abzuspalten. Das ist zum Beispiel die Sicht der Friedensnobelpreisträgerin und de-Facto Staatspräsidentin Myanmars, Aung San Suu Kyi, auf die Lage in Rakhine. Ihre Einschätzung wird auch in Peking und Moskau geteilt. 

Laut dieser Lesart handelt es sich in Rakhine um islamistische Terroristen, die von interessierten Kreisen im Ausland gesteuert und dazu missbraucht werden, eine engere wirtschaftliche, politische und militärische Zusammenarbeit zwischen China und Myanmar zu torpedieren oder gar ganz zu verhindern. Denn Rakhine ist aus geologischen Gründen die Schlüsselprovinz für die Verwirklichung des Baus der Öl- und Gaspipelines vom Golf von Bengalen in den Westen Chinas, womit Peking zur Verbesserung seiner Energiesicherheit den maritimen Engpass der Straße von Malakka umgehen will.

Ursprünglich hatten sich die Rohingya-Kämpfer den arabischen Namen “Harakah al-Yaqin” gegeben, was so viel wie “Bewegung des Glaubens“ heißt. Diese Bewegung war 2012 nach größeren Gewaltausbrüchen zwischen muslimischen und buddhistischen Bevölkerungsgruppen in Rakhine gegründet worden. Sie blieb weitgehend unbekannt bis sie im Oktober 2016 von sich reden machte, nachdem ihre Kämpfer einige Polizei- und Grenzposten angegriffenen und dabei 9 Polizisten getötet hatten. Dennoch hat die Bewegung inzwischen ihren Namen geändert, um die Nähe zum arabischen Islamismus zu kaschieren. 

Aktuell firmieren die in Rakhine operierenden Kämpfer unter dem patriotischen Namen „Arakan Rohingya Salvation Army“ (ARSA). Arakan ist ein alter Name für die Provinz Rakhine. Auf Deutsch übersetzt heißt die umbenannte Gruppe jetzt also: „Rettungsarmee der Rohingya in Rakhine“.

Zwar behaupten die ARSA-Aktivisten und ihre ausländischen Unterstützer stets, dass die Rohingya-Kämpfer keine Terroristen sind, weil sie nur Sicherheitskräfte der Regierung angriffen. Allerdings scheint das Gegenteil der Fall. So berichtete etwa die britische BBC unter Bezugnahme auf Nay Pyi Taw vom 4. September dieses Jahres über einen Überfall einer ARSA-Gruppe auf das buddhistische Dorf Maungtaw in der Provinz Rakhine vom Tag zuvor. Gegen 10 Uhr abends war eine Gruppe von 30 ARSA-Kämpfern im Schutz der Dunkelheit in das Dorf eingesickert. Es kam zu Kämpfen. Als eine Stunde später die staatlichen Sicherheitskräfte eintrafen, zogen sich ARSA-Kämpfer zurück, aber nicht ohne zuvor Feuer gelegt zu haben, das sich rasch ausbreitete. Dem seien dann laut Regierungsangaben insgesamt Hütten und Häuschen zum Opfer gefallen. 

Auch laut einer Analyse der in Brüssel ansässigen „International Crisis Group“ (ICG) haben die ARSA-Kämpfer immer wieder ganz normale Bewohner buddhistischer Dörfer überfallen und massakriert und ihre Siedlungen niedergebrannt. Im Gegenzug haben Militär und Polizei – wie üblich in solchen Konflikten – Rohingya-Siedlungen niedergebrannt, die im Verdacht standen, ARSA-Mitglieder zu verstecken. Als Fazit können wir hier also festhalten, dass ARSA-Kämpfer, die unschuldige Menschen, Frauen und Kinder zur Zielscheibe nehmen, zu Recht als Terroristen bezeichnet werden, egal wie nobel ihre angeblichen Motive im Westen dargestellt werden. Aber sind sie auch islamistische Terroristen, wie die Regierung Myanmars behauptet?

Die angeblich guten Verbindungen von ARSA zu verschiedenen islamistischen Terrorgruppen im Mittleren Osten sind zwar nicht dokumentarisch belegt, aber dennoch gibt es dafür gute Indizien. So nehmen z.B. internationale Dschihadisten-Gruppen wie die Taliban, der so genannte “islamische Staat” (IS) und al-Qaida lebhaften Anteil an der Lage der ARSA. Diese Terrororganisationen verurteilen z.B. mit großer Heftigkeit die angeblich gegen die Rohingya begangenen Gräueltaten und fordern auf ihren Webseiten „Rache an Myanmar und seinen Buddhisten“. Laut einer Analyse der in Brüssel beheimateten „International Crisis Group“ (ICG) deute das darauf hin, dass die ARSA mit den anderen internationalen Dschihadisten Gruppen vernetzt ist. 

Unter Bezugnahme auf dieselbe ICG-Analyse berichtete die britische Nachrichtenagentur Reuters im Dezember 2016, dass die ARSA-Terrorgruppe in Saudi-Arabien gegründet wurde und die dschihadistische Kampfausbildung von Saudi Arabien und Pakistan geleitet und finanziert worden sei. Laut Mitarbeitern der ICG wurden die aus Rohingya-Islamisten bestehende ARSA-Einheiten, die – wie bereits oben berichtet – im Oktober 2016 drei Grenzposten in Myanmar überfallen und 9 Soldaten getötet hatten, von Leuten angeführt, die nachweislich Verbindungen zu Saudi Arabien und Pakistan haben.

Demnach war der Anführer der Gruppe ein gewisser Ata Ullah. Laut ICG ist er im pakistanischen Karachi als Sohn eines Rohingya Migranten-Vaters geboren. Schon als Kind kam er mit seinem Vater nach Mekka in Saudi-Arabien, wo er aufwuchs und islamistisch radikalisiert wurde. Dort bekam er dann als junger Mann, zusammen mit 20 weiteren Rohingya, eine Ausbildung in Guerilla-Kriegsführung. Daraus ist dann anscheinend der harte Kern der islamistischen Terroristen entstanden, die nun die Provinz Rakhine unsicher machen. Unabhängig davon gebe es einen in Mekka residierenden „Ältestenrat“ aus Rohingya Emigranten, der die militärischen Operationen der ARSA-Terroristen in Myanmar politisch überwacht. 

In einem Video, das auf der ARSA-Webseite ins Netz gestellt wurde, prahlt Anführer Ullah, dass die ARSA inzwischen Zulauf von Hunderten von jungen Rohingya-Männern bekommt, die alle mit Hass auf die Buddhisten erfüllt seien. Rohingya-Islamisten, die bereits in anderen internationalen Konflikten Kampferfahrung gesammelt haben, sowie kampferprobte Pakistanis und Afghanen, hätten die Ausbildung der Rekruten übernommen. Diese beinhaltete Waffenkunde, Guerilla-Taktik, wobei besonderer Wert auf die Herstellung von selbst hergestellten Sprengstoffen und improvisierten Sprengfallen gelegt werde.

Der Zulauf zur ARSA scheint nicht übertrieben, denn nur so erklärt sich, dass am 25. August dieses Jahres die ARSA 30 Polizei- und Militärposten überfallen und dabei 12 Polizisten ermorden konnte. Mit diesen Operationen hätte die ARSA ihre „Legitimität und Fähigkeit zur Durchführung von Angriffen etabliert“, weshalb jetzt unwahrscheinlich sei, dass sich die Terroristen in Zukunft Sorgen um ihre weitere finanzielle Unterstützung machen müssten, lautet der zynische Kommentar der International Crisis Group zu diesen mörderischen Überfällen. 

Um der Gewalteskalation von beiden Seiten zu entgehen, fliehen viele Rohingya über die Grenze nach Bangladesch. Dort erwartet vor allem die jungen Männer eine von Saudi Arabien finanzierte Infrastruktur, mit deren Hilfe sie von der radikal islamistischen Wahhabi Propaganda infizieren werden sollen, mit dem Ziel, sie zu willigen Mordwerkzeugen zu machen. Denn langfristig soll aus der Myanmar-Provinz Rakhine ein „unabhängiger Islamischer Staat“ werden, zumindest wenn es nach den Video-Verlautbarungen des militärischen Anführers der ARSA Ata Ullah und seiner Gruppe geht.

Das aber ist noch ein langer Weg und bedarf vieler, dschihadistischer Fußsoldaten. Dafür hat Saudi Arabien laut der kritischen US-amerikanische Webseite „MofA“ am 26. April dieses Jahres bereits die Fundamente gelegt, und zwar mit der Unterschrift unter das eine Milliarde Dollar teure Mamut Projekt, das den Bau von 560 Moscheen samt dazugehöriger Islamschulen in Bangladesch vorsieht. 

Insgesamt habe die saudische Golf-Diktatur im Mantel einer islamistischen Monarchie seit 1979 rund um die Welt die Summe von 70 Milliarden Dollars für solche Moscheen und religiöse Schulen ausgegeben. Dort wird ausschließlich der gewalttätige, saudische Wahhabismus gelehrt, eine islamistische Lehrmeinung, die keine andere neben sich duldet.

Derweil geht der Konflikt vor Ort weiter. Laut jüngsten Angaben der Regierung von Myanmar sind 45 Dörfer und Siedlungen in Rakhine (mit muslimischen oder buddhistischen Einwohnern) bisher abgebrannt worden. Laut einem Sprecher mit Namen Zaw Htay seien im Norden von Rakhine von insgesamt 471 Dörfern 176 vollkommen verlassen worden und aus 34 weiteren seien mindestens einige Leute geflohen. Weiter betonte der Sprecher jedoch, dass bei weitem nicht aus allen muslimischen Ortschaften die Bewohner über die Grenze nach Bangladesch geflohen seien.

Diejenigen jedoch, die sich nach Bangladesch abgesetzt hätten, seien entweder mit den Aufständischen verbunden, oder es handele sich um Frauen und Kinder, die vor den Konflikten fliehen. Laut offiziellen Zahlen sind in Rakhine seit dem 25. August 432 Menschen getötet worden. Die meisten seien Aufständische gewesen.

China, das enge Beziehungen zur Regierung von Myanmar pflegt, begrüßte ausdrücklich die anti-Terror Operation gegen die ARSA in Rakhine und bezeichnet sie als “interne Angelegenheit” eines souveränen Staates. Die USA und ihre Verbündeten, die den chinesischen Einfluss in Myanmar zurückdrängen wollen, möchten den Konflikt mit humanitären Appellen mit Hilfe der Vereinten Nationen internationalisieren.

Dabei leisten westliche Medien mit entsprechender Gräuelpropaganda Washington Schützenhilfe. Schon hat die US-Regierung zum „Schutz der Zivilbevölkerung“ in Rakhine aufgerufen. Das ist ein ominöser erster Schritt, der in der Vergangenheit schon öfters zur Vorbereitung bewaffneter Intervention genutzt wurde, die mit der berüchtigten angeblichen „Schutzverantwortung“ (R2P) rechtfertigt wurden, mit der das Angriffskriegsverbot der UNO-Charter umgangen wurde.