Vor unseren Augen vom „Rechtsstaat“ zu Tode gefoltert

Vor unseren Augen vom „Rechtsstaat“ zu Tode gefoltert

erschienen am 15.November 2019 via KenFM

Von der erneuten Warnung des führenden Experten der Vereinten Nationen für Folterdiagnostik, dass das Leben des Whistleblower Julian Assange in großer Gefahr ist, haben die westlichen Politiker und Medien, die sonst so gerne Menschenrechte predigen, keine Notiz genommen.

In einer öffentlichen Erklärung gegenüber der Nachrichtenagentur AFP hat der UN-Beauftragte Nils Melzer, der international anerkannte Experte für Folterbehandlung, Freitag vergangener Woche erneut deutlich gewarnt, dass wegen der extremen Haftbedingungen in Großbritannien die Gesundheit und das Leben des Australiers Julian Assange auf der Kippe stehen.

Man muss sich nur einmal den hysterischen Aufschrei dieser Heuchler vorstellen, wenn Assange unter diesen Bedingungen in einem russischen Gefängnis festgehalten würde. Wer noch nach einem weiteren Beweis für die Verdorbenheit der britischen und amerikanischen Regierungen sucht, die so gerne die restliche Welt über Demokratie, Menschenrechte und internationales Recht belehren, der hat ihn am Beispiel der Behandlung von Julian Assange gefunden. Auch von unserer Bundesregierung ist kein Piep zu hören.

Der 48-jährige Assange befindet sich seit April dieses Jahres in einem Hochsicherheitsgefängnis in London. Zuvor konnte er gewaltsam von der britischen Polizei aus der ecuadorianischen Botschaft „abgeholt“ werden. Zufällig (!) hatte Washington gerade einen großen IWF-Kredit für Ecuador ermöglicht. Die neue Regierung in Ecuador hat den Flüchtling Assange in einem schwindelerregenden Verstoß gegen das Völkerrecht für einen prall gefüllten Sack Silberlinge verhökert, nachdem er seit fast sieben Jahren in der ecuadorianischen Botschaft in London Asyl gefunden hatte, um nicht an die USA ausgeliefert zu werden. Aber die britischen Schoßhunde der Amerikaner tun nun alles, um ihren Herrchen in Washington zu gefallen.

Assange hätte schon am 22. September freigelassen werden sollen, als sein Urteil wegen einer früheren Kautionsverletzung zugestellt worden war. Stattdessen beugte ein britischer Richter das Recht und ordnete die weitere Inhaftierung von Assange an – so lange nämlich, bis das von den USA gewünschte Auslieferungsverfahren gegen ihn im nächsten Jahr beginnt. Wenn Assange an die USA lebend ausgeliefert wird, dann drohen ihm 175 Jahre Gefängnis, falls er – wie angestrebt – wegen Spionage verurteilt wird. Weil er als Journalist etliche, bis dahin verheimlichte, schreckliche US-Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan dokumentiert und enthüllt hatte, wäre es naiv zu glauben, dass er in Großbritannien oder in den USA ein faires Verfahren bekommen würde. Der erste Beweis ist bereits geliefert worden: Ihm wurde die ordnungsgemäße Konsultation seiner Verteidiger verweigert.

Assanges Veröffentlichungen auf der Whistleblower-Site WikiLeaks enthüllten auch Missstände der westlichen Diplomatie in mehreren Ländern sowie die illegale weltweite Spionage gegen unbescholtene Bürger durch US-Geheimdienste in Absprache mit deren britischen Kollegen.

Assange hat der internationalen Öffentlichkeit wichtige Informationen bekannt gemacht, die uns über die systematische Korruptheit von Washington und seinen Verbündeten aufklären. Weil er die Wahrheit gesagt hat, wird er jetzt verfolgt, genauso wie seine Whistleblower-Kollegen Chelsea Manning und Edward Snowden. Manning wurde in den USA wiederholt inhaftiert, während Snowden in Russland Asyl suchen musste, aus Angst, als „Verräter“ inhaftiert zu werden, wenn er in die USA oder irgendwohin in den Westen zurückkehrt.

UN-Beauftragter Nils Melzer hatte Assange bereits im Mai dieses Jahres im Gefängnis der Kategorie A in Belmarsh besuchte, wo er in Einzelhaft isoliert war. Melzer kam damals bereits zu dem Schluss, dass Assange von den britischen Behörden psychisch gefoltert wurde. Sein damaliger, wenig hoffnungsvoller Alarmruf basierte auf der medizinischen Diagnose über Assanges Gesundheit.

Als dann Assange wieder am 21. Oktober vor Gericht vorgeführt wurde, war alles nur noch schlimmer. Er schien total desorientiert. Er murmelte, stotterte und bemühte sich, seinen eigenen Namen und sein Geburtsdatum zu nennen. Der Wikileaks-Gründer sei offensichtlich systematischer „psychologischer Folterungen“ ausgesetzt, erklärte Melzer Freitag letzte Woche. Zuvor hatte bereits einen Tag nach Assanges Vorführung vor Gericht der ehemalige Britische Botschafter Craig Murray auf seiner Webseite geschrieben (1):

Seine (Assanges) körperliche Erscheinung war nicht so schockierend wie seine geistige Verschlechterung. Als er gebeten wurde, seinen Namen und sein Geburtsdatum anzugeben, bemühte er sich sichtbar über mehrere Sekunden hinweg, sich an beide zu erinnern… seine Schwierigkeit, dies zu tun war sehr offensichtlich; es war ein echter Kampf für ihn, die Worte zu artikulieren und seinen Gedankengang zu fokussieren. Bis gestern war ich immer skeptisch gegenüber jenen, die behaupteten, dass Julians Behandlung einer Folter gleichkäme. Aber nachdem ich an den Prozessen in Usbekistan gegen mehrere Opfer extremer Folter teilgenommen und mit Überlebenden aus Sierra Leone und anderen Ländern zusammengearbeitet habe, kann ich Ihnen sagen, dass … Julian genau die Symptome eines Folteropfers zeigte, er blinzelt ins Licht, war desorientiert und verwirrt und versuchte in einem echten Kampf durch den Nebel der Hilflosigkeit doch noch seinen freien Willen durchzusetzen.“

Auch Melzer appellierte an die britische Justiz (2), „dringend ihren Kurs zu ändern und (Assanges) unmenschliche Situation zu lindern“, sonst könnten „Willkür und Missbrauch, denen Mr. Assange ständig ausgesetzt ist, ihm bald sein Leben kosten“. Wie schon im Mai, schenkte die westliche Medienberichterstattung der Erklärung des UN-Beauftragten Melzer letzte Woche keinerlei Aufmerksamkeit – Keine Meldung wert! Es ist, als ob das Schicksal des unschuldig gequälten Assange von der westlichen Menschenrechtspresse bereits im Gedächtnisloch entsorgt ist.

Dabei ist „Assanges Gesundheit in eine Abwärtsspirale zunehmender Angst, Stress und Hilflosigkeit geraten, die typisch ist für Personen, die längerer Isolation und ständiger Willkür ausgesetzt sind“, so die düstere Einschätzung Melzers. Medizinisch sei „die genaue Entwicklung nur schwer vorherzusagen“, aber sie „kann sich bei diesem Muster von Symptomen schnell zu einer lebensbedrohlichen Situation entwickeln, die einen kardiovaskulären Zusammenbruch oder einen Nervenkollaps zur Folge hat“, warnte der UN-Folterexperte, der zugleich darauf verwies, dass die Maßnahmen, die er im Mai ergriffen hatte, „um Assanges Gesundheit und Würde zu schützen, ausdrücklich ignoriert worden“ seien. Die britische Regierung habe „in völliger Missachtung der Rechte und der Integrität von Herrn Assange“ gehandelt. „Trotz der medizinischen Dringlichkeit … und der Schwere der mutmaßlichen Verstöße“ habe sie „keine Maßnahmen zur Ermittlung, Vorbeugung und Wiedergutmachung ergriffen, die nach internationalem Recht vorgeschrieben sind.“ Assanges Haftbedingungen seien „in keiner Weise zu rechtfertigen.“

Für Botschafter Murray ist Assange „einer der größten Journalisten und wichtigsten Dissidenten unserer Zeit, der vor unseren Augen vom Staat zu Tode gefoltert wird. Es war unerträglich, meinen Freund so zu sehen, den artikuliertesten Mann, den schnellsten Denker, den ich je gekannt habe, reduziert auf dieses chaotische und inkohärente Wrack“, schrieb Murray auf seinem Internet Blog.

Das Unrecht ist himmelschreiend. Während die US-Regierung Assange wegen der Veröffentlichung von Informationen über schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen der US-Soldateska verfolgt, Folter und Mord inbegriffen, genießen die Täter, die für diese Verbrechen verantwortlich sind, weiterhin Straflosigkeit. Derweil befürchtet Assanges Vater, dass die Briten und Amerikaner gar nicht an einem Prozess interessiert sind. Weil dabei zu viel ihrer schmutzigen Wäsche ans Licht kommen würde, sei zu befürchten, dass die britischen und amerikanischen Behörden sich abgesprochen haben, seinen Sohn außergerichtlich zu töten.

Die besonders ekelhafte Scheinheiligkeit der US-Medien wird durch deren jüngste Versuche unterstrichen, einen im Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Trump im Weißen Haus angesetzten CIA-Mitarbeiter als heldenhaften „Whistleblower“ zu glorifizieren. Zugleich aber verunglimpfen dieselben Medien den unbequemen Journalisten Assange nicht nur als angeblichen „russischen Spion“ sondern sie dichten ihm alle möglichen anderen Ungeheuerlichkeiten an. Assange soll vor den Augen der Öffentlichkeit als Monster vorgeführt werden, um seine Persönlichkeit und Glaubwürdigkeit zu zerstören.

Caitlin Johnstone hat auf ihrem Internet Blog alle Dreckskübel identifiziert und widerlegt, die über Julian Assange ausgekippt wurden und immer noch werden.

Sie sollen allesamt über die faschistoide Niedertracht hinwegtäuschen, mit der das US-Imperium und seine britischen Handlanger gegen unliebsame Journalisten und die Pressefreiheit vorgehen.

Nachfolgend ist die nummerierte Liste von diffamatorischen Vorwürfen gegen Assange, die Caitlin Johnstone in ihrem Blog im Detail abhandelt (3). Es ist eine lange Liste, denn die Zahl der Diffamierungen und Denunziationen, mit denen die Mainstream Medien einen der wichtigsten investigativen Journalisten unserer Zeit zum Schweigen bringen wollen, ist lang:

  1. Er ist kein Journalist.“

  2. Er ist ein Vergewaltiger.“

  3. Er hat sich in der Botschaft vor Vergewaltigungsvorwürfen versteckt.“

  4. Er ist ein russischer Agent.“

  5. Er wird wegen kriminellen Hackens verfolgt, nicht wegen Journalismus.“

  6. Er sollte einfach nach Amerika gehen und die Suppe auslöffeln. Wenn er unschuldig ist, hat er nichts zu befürchten.“

  7. Er hatte sich vor dem Gerichtstermin gedrückt, da mussten die Briten ihn festnehmen.“

  8. Er ist ein Narzisst/ein Größenwahnsinniger/ein Idiot.“

  9. Er ist ein scheußliches, schreckliches Monster wegen X, Y und Z – aber ich denke nicht, dass er ausgeliefert werden sollte.“

  10. Trump wird ihn retten und die beiden werden zusammenarbeiten, um den Tiefen Staat abzuschaffen. Entspannt euch, Ihr werdet schon sehen.“

  11. Er hat Scheiße an die Wände geschmiert. Scheiße, Scheiße, Scheißer.“

  12. Er stinkt.“

  13. Er war ein schlechter Hausgast.“

  14. Er arbeitete heimlich mit Don Trump jr. zusammen.“

  15. Er veröffentlicht nur Vertrauliches über Amerika.“

  16. Er ist ein Antisemit.“

  17. Er ist ein Faschist.“

  18. Er war ein Trump-Unterstützer.“

  19. Ich fand ihn eigentlich ganz gut, bis er die Wahl 2016 zerstörte.“ / „Ich hielt eigentlich nichts von ihm, bis er die Wahl 2016 rettete.“

  20. Er hat Blut an seinen Händen.“

  21. Er veröffentlichte die Details von Millionen türkischer Wählerinnen.“

  22. Er unterstützte rechte politische Parteien in Australien.“

  23. Er gefährdete das Leben schwuler Saudis.“

  24. Er ist ein CIA-Agent“

  25. Er misshandelte seine Katze.“

  26. Er ist ein Pädophiler.“

  27. Er log bezüglich Seth Rich.“

  28. Er hat niemals etwas über Trump geleakt.“

  29. Er arbeitete heimlich mit Nigel Farage zusammen.“

Abschließend ist hier nur noch festzustellen, dass die Qualitätsmedien der westlichen Wertegemeinschaft, die sich rund um die Welt so sehr für Menschenrechte einsetzen, eine erschreckend gefühllose Gleichgültigkeit gegenüber staatlich sanktionierter Folter ihres „Kollegen“ Assange zeigen, während sie zugleich den sogenannten „CIA-Whistleblower“ gegen Trump, der gar kein Whistleblower ist, sondern Spitzeldienste für den Tiefen Staat geleistet hat, zum furchtlosen Helden hoch stilisieren.

Wenn aber ein unnachgiebiger Whistleblower mit der Verbreitung unbequemer Wahrheiten die Macht herausfordert, indem er deren Verbrechen enthüllt, dann wird er als „Krimineller“ diskreditiert und bis in den Tod verfolgt.

Quellen:

  1. https://www.craigmurray.org.uk/archives/2019/10/assange-in-court/

  2. https://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=25249&LangID=E

  3. http://www.free21.org/entlarvung-aller-verleumdungen-von-julian-assange/